Gesetzgeber und Gerichte stellen höhere Anforderungen an Risikomanagement-, interne Kontroll- und Compliancesysteme

von Dr. jur. Hans Joachim Büsselberg

Einige Gesetzesinitiativen bzw. Entscheidungen der letzten Zeit zeigen die wachsende Bedeutung, die der Gesetzgeber aber auch die Gerichte dem Vorhandensein von angemessenen Systemen zur Vorbeugung gegen ordnungswidriges oder strafrechtliches Handeln von Mitarbeitern beimessen. 

Mit Wirkung vom 30.06.2013 wurden die Bußgelder für das Fehlverhalten von Mitarbeitern im Ordnungswidrigkeitengesetz von 1 auf 10 Mio. EUR angehoben (§§ 30, 130 OWiG). Dabei weist der Gesetzgeber in der Begründung ausdrücklich darauf hin, dass das „Vorhandensein eines effektiven Compliance-Systems als unternehmensbezogener Umstand bei der Bußgeldbemessung zu berücksichtigen ist“ BT-Drucksache 17/11053, S. 21). Das heißt, kann ein Unternehmen das Vorhandensein eines effektiven Compliance-Systems nachweisen, so ist dies mindernd bei der Bußgeldbemessung zu berücksichtigen.

Ähnlich argumentiert der Gesetzgeber in seinem jüngsten Vorstoß zur Verabschiedung eines Verbandsstrafgesetzbuches auf Initiative des Landes Nordrhein-Westfalen. Mit dem Verbandsstrafgesetzbuch soll die strafrechtliche Haftung von Unternehmen für Zuwiderhandlungen ihrer Mitarbeiter wesentlich verschärft werden. In der Begründung zur Gesetzesinitiative wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass damit „effektive Anreize zur Entwicklung und Pflege einer Kultur von Unternehmenscompliance“ geschaffen werden sollen. Und weiter dass „insbesondere kleine und mittlere Unternehmen … darin (bestärkt werden sollen), interne Kontrollsysteme sowie Ethik- und Compliance-Programme zu entwickeln“.  Auch wenn die Sinnhaftigkeit der Einführung eines solchen Verbandsstrafgesetzbuches und insbesondere die darin beschriebenen Rechtsfolgen fraglich sind, so zeigt es doch, dass der Gesetzgeber immer höhere Anforderungen an Risikomanagement-, interne Kontroll- und Compliancesysteme stellt.

In diesem Zusammenhang interessant ist auch die Entscheidung des Arbeitsgerichts Frankfurt im Zusammenhang mit der Kündigung von Mitarbeitern der Deutschen Bank, die in den Libor-Skandal verwickelt waren (ArbG Frankfurt a.M., Urteile vom 11.9.2013, 9 Ca 1551/13, 9 Ca 1552/13, 9 Ca 1553/13, 9 Ca 1554/13, Pressemitteilung Nr. 3/2013). Das Arbeitsgericht hat die Kündigung trotz Fehlverhaltens der Mitarbeiter für unverhältnismäßig erklärt, weil „weder klare Regularien implementiert waren, noch Kontrollen erfolgten …“, die das in Frage stehende Fehlverhalten wirksam verhindert haben. Damit habe die Deutsche Bank durch ihre interne Organisation selber das Fehlverhalten begünstigt. Auch wenn die Entscheidung vor einem ganz anderen Hintergrund steht, zeigt sich auch hier, welche wachsende Bedeutung die Gerichte Risikomanagement-, interne Kontroll- und Compliancesysteme zumessen.

Diese Gesetzesinitiativen und das Urteil der Arbeitsgerichts Frankfurt sollte Anlass für Unternehmen sein, sich Gedanken über die Angemessenheit ihrer Risikomanagement-, internen Kontroll- und Compliancesysteme zu machen.

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